Tuesday 13 September 2011

Warum ich Gottfried heiße

Neben der Frage, warum ich keinen Alkohol trinke, sind viele mindestens genauso neugierig, warum ein Chinese Gottfried heißt. „Das ist aber kein typisch chinesischer Name, oder?“ Schlaumeier. Nur aus Höflichkeit verkneife ich mir Antworten wie „Na geh, net scho wieder. 100 Punkte für den Kandidaten“ oder „Wow Blitzkneisser. Sie sind ja ein echter Spezialist für Chinesische Kultur.“

Stattdessen dimme ich das Licht, bitte die Fragesteller Platz zu nehmen und erzähle dem gebannten Publikum wie Scheherazade zum 1001. Mal die Legende, die sich um meinen Namen rankt.

Der Grund ist in Wahrheit sehr banal. Meine Eltern waren praktisch denkende Menschen. Sie kamen zu dem Schluss: Wer in Österreich geboren wurde, braucht einen deutschen Vornamen. Das kann nur von Vorteil sein. (Nicht nur für mich, sondern vor allem für die armen Österreicher, die sonst meinen chinesischen Zungenbrecher-Vornamen Zhaowei aussprechen und sich merken müssten.)

Für die Aussprache alleine wäre ein heimischer Name aber gar nicht notwendig gewesen, stellten sie später fest Die gescheiten Österreicher haben nämlich vor langer Zeit bereits ein automatisches Dolmetsch-System erdacht. (Stammt wohl noch aus der Zeit von Österreich-Ungarn, als Tschechen, Slowenen, Italiener, Kroaten und noch viele andere Bürger die österreichische Bürokratie auf Trab hielten.)

Mein Vater hieß zum Beispiel Mauliang Chen. Am Telefon jedoch verwendete er immer seinen deutschen Namen aus der praktischen Automaten-Taufe. „... ja genau, den Namen schreibt man Martha Anton Ulrich Ludwig Ida Anton Norbert Gustav Cäsar Heinrich Emil Norbert, ... Wie? Nein nein, der Nachname beginnt bei Cäsar.“

Ich bin meinen Eltern jedenfalls unendlich dankbar für meinen echten, deutschen Namen. So toll die automatische Übersetzung auch ist, sie schenkten mir mehrere Monate zusätzlicher Lebenszeit, die ich sonst am Telefon verbracht hätte. Nur den standesgemäß kaiserlichen Cäsar-Teil, den behielt ich bei. Auf den bin ich stolz.

So da, alles geklärt? Weit gefehlt. Besonders hartnäckige Zeitgenossen geben sich nicht zufrieden und bohren weiter. Warum gerade Gottfried? Ist zwar deutsch, aber sicher zu K&K Zeiten das letzte Mal unter den Top Ten der deutschen Bubennamen gewesen.

Auch darauf ist die Antwort trivial: Mein Geburtstag ist am 9. Juli. Ok, vielleicht sollte ich das doch etwas näher erklären. Es gibt ja diese kleinen Scheckkarten-großen Kalender mit Namenstagen. So einen hatten meine Eltern vor meiner Geburt auch in die Hände bekommen.

Die beiden noch neu im Lande freuten sich über die praktische Erfindung. Diese Österreicher, die sind top organisiert, dachten sie. Klein, immer einen Kalender dabei, und bekommt man ein Kind, dann sieht man einfach am Tag der Geburt nach um den Namen des Kindes herauszufinden.

Das ganze beweist zwei Dinge. Erstens. Ich breche hier eine Lanze für die Astrologie, obwohl ich sonst nicht abergläubisch bin. Der Geburtszeitpunkt eines Menschen beeinflusst ihn wirklich für den Rest seines Lebens.

Zweitens. Ich bin ein enormes Glückskind. In dem Kalender gab es noch viel klingendere Namen wie Eustachius oder Hyazinth. Noch mehr Erklärungsbedarf hätte ich gehabt bei Valerie oder Lucia.

Aber kommen wir zum Abschluss der Fabel von 1001 Vornamen zum Super-GAU. Ich hätte auch 47 Tage nach Faschingsdienstag auf die Welt kommen können. Und ich bin sicher, die Neugier meiner Mitmenschen wäre zehnmal so groß, stellte ich mich vor mit „Grüß Gott, mein Name ist Chen, Ostersonntag Chen.“

(Noch schlimmer wäre nur „Heinrich Ludwig Drei Konrad Österreich Norbert Ida Gustav Emil“. Aber das hätte das Standesamt hoffentlich verhindert.)

1 comment:

  1. Zhao wei. ..wusst ich auch nicht 兆?玮? hab naemlich schon einen Gottfried , fuehrt regelmaessig Zu verwechslungen:"welcher Gottfried? China oder xiberg?":D

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